Espressolikör, Bayerischer Whisky, Glühwein, Zoigl-Brand und noch über 40 andere Sorten mehr – die Traditionsbrennerei Schraml aus Erbendorf meistert mit außergewöhnlichen Spirituosen den Weg ins 21. Jahrhundert
Es riecht nach Weihnachten, nach frischem Glühwein, nach Punsch. Fehlen nur noch die Lebkuchen. Nein, wir besuchen keinen Weihnachtsmarkt! Vorsichtig steckt Gregor Schraml die Düse am Ende eines Schlauches in einen weißen Plastik-Kanister. Langsam sprudelt die dunkelrote, wohlduftende und schmackhafte Flüssigkeit hinein. „Das Weihnachtsgeschäft brummt“, sagt sein Bruder Martin, mit dem er zusammen die Erbendorfer Schnapsbrennerei Schraml leitet.
Insgesamt über 2.500 Kanister füllen die Schramls ab, verschicken diese an Weihnachtsmärkte in ganz Deutschland. Der Punsch und der Glühwein – zwei saisonale Produkte, mit denen Martin und Gregor Schraml im Winter beschäftigt sind. Aber nicht nur damit: An einem langen Metalltisch werden gleichzeitig die Etiketten für den „Oberpfälzer Zoigl-Brand“ sorgfältig aufgeklebt. Alles in Handarbeit. So, wie es schon seit fast 200 Jahren getan wird. Denn seit 1818 besitzt die Familie Schraml das Brennrecht. „Wir besitzen dieses Recht bereits in sechster Generation“, erläutert Martin Schraml, der den kaufmännischen Bereich des Familienbetriebs leitet. Eine gewachsene Tradition, die lückenlos mit Urkunden belegbar ist. Denn wer Hochprozentiges produziert, hat seit jeher mit strengen Auflagen zu rechnen. Auch heute noch werden die Brennereien regelmäßig vom Zoll kontrolliert, die Anlagen verplombt, so dass pro Jahr nur eine bestimmte Menge produziert werden kann und darf.
Gregor Schraml, studierter Lebensmitteltechniker, ist für die neuen Schnaps-Kreationen zuständig, während sich ihr Vater Alois um den Einkauf des Obstes, am besten natürlich aus der Region, kümmert – der erste ganz wichtige Schritt zur Herstellung qualitativ hochwertiger Produkte. Unter den Liebhabern in Deutschland sind die edlen Tropfen aus dem Steinwald nämlich schon lange kein Geheimtipp mehr und auch international haben sich Güte und Geschmack der feinen Destillate aus der Oberpfalz herumgesprochen. Da ist hohe Qualität selbstverständlich ein Muss. Deshalb wird vom ersten Schritt der Produktion an allergrößter Wert auf diese gelegt.
„Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir wissen, welche Produkte in welcher Qualität von uns als Traditionsunternehmen erwartet werden“, so die beiden unisono. „Daher stecken wir – im Gegensatz zu vielen anonymen Supermarktlieferanten – lieber auch mal einen Euro mehr in die Produktion und Entwicklung“, erklären sie ihre Philosophie. Die Kunden, die mittlerweile auch aus Italien oder den USA kommen, wüssten das auch zu honorieren. Schramls Erfolgsgeheimnis heute: viel Liebe und Herzblut in Kombination mit fast 200 Jahren Know-how in der Schnaps-Produktion. Viele der Brände wie die Single Grain Whiskys oder auch der Steinwälder Kräuterlikör entstehen bis heute nach historischen Originalrezepten.
Wobei Anfang des 20. Jahrhunderts die erste wegweisende Entscheidung getroffen wird. Die Familienbrennerei schafft sich neben Eschenholzfässern erstmalig auch Eichenfässer an, in denen noch heute im Keller bei gleichbleibender Temperatur und konstanter Luftfeuchtigkeit die edlen Tropfen zum Teil bis zu 20 Jahre heranreifen – ein weiteres Qualitätsmerkmal. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass auch der Grain Whisky namens „Stonewood“, der nach schottischem Vorbild seit mehr als 100 Jahren entsteht, unter den Kennern zu den besten und aromatischsten überhaupt gehört.
Mit weitreichendem Erfolg: 2008 haben sechs Edelbrände der Schramls, darunter der „Stonewood-Whisky“, der Schlehen- und der Rosenmarillen-Brand oder der goldene Apfelbrand, bei der „Weltmeisterschaft der Schnaps-Brenner“, dem World Spirits Award, im österreichischen Klagenfurt je drei Mal Gold und drei Mal Silber geholt. Ein Jahr später stand die gleiche Ausbeute zu Buche, wobei der allseits bekannte und beliebte „Wurzelstolperer“ zu den Gewinnern zählte. 2010 gingen Martin und Gregor Schraml mit vier Produkten an den Start, es gab vier Mal Edelmetall.
Ein Ende ist sicherlich noch nicht in Sicht: Denn heuer wurde der „Stonewood“ erstmals in Jim Murrays „Whisky-Bible“ mit 91 von 100 möglichen Punkten zu den besten 3.500 Whiskys der Welt gekürt. Das Urteil: „High Quality Stuff“. Und ein nächster Erfolg zeichnet sich bereits ab. Der Wacholder-Schnaps wurde bei einer internen Verköstigung der Juroren in London auf den zweiten Platz der Gin-Sorten gewählt. „Jetzt sind wir am überlegen, ob wir das Rezept dahingehend abändern, dass wir demnächst vielleicht sogar Gin aus der Oberpfalz produzieren“, sagt Gregor Schraml. Gin, der sicherlich genauso schmackhaft ist wie der Glühwein oder Punsch, nach dem die „Alte Propstei“ derzeit noch lecker riecht.
©Fotos: Stephan Landgraf